Adalbert Busl - Manfred Steinberger

Chronik
des
MARKTES WIESAU

1984

Ein Geschichtsbuch und Nachschlagewerk über Wiesau mit 1088 Seiten
(Leider nicht mehr erhältlich.)

 

 

Kurzfassung der Geschichte des Marktes Wiesau

 Wiesau, mundartlich Wiesa von Wiesach, d. h. Bach in der Wiese, bildet mit den heutigen Ortsteilen Schönfeld und Triebendorf eine Siedlungsgruppe mit älteren Ortsnamen als die in unserer Gegend vorherrschenden Ortsnamen auf -reuth. Dies ist Hinweis auf eine Ortsgründung schon vor der großen Kolonisierungswelle im 11. Jahrhundert. Erstmals erwähnt werden die Ortschaften aber erst, als das Zisterzienserkloster Waldsassen hier Besitz ergreift: 1218 Schönfeld und Triebendorf, 1245 Altenwiesau, 1281 Wiesau selbst mit der Nennung von Konrad und Bero von Wiesau. Mit der Integration in das Klostergebiet verschwand das Geschlecht derer von Wiesau, das seinen Ansitz auf einer kleinen Burg hatte. Wiesau wurde Sitz eines der 15 Richterämter. Das alte Gericht Wiesau zählte bis zu seiner Auflösung in die drei Landgemeinden Wiesau, Schönhaid und Voitenthan im Jahre 1808 etwa 1100 Einwohner.

Zur Festigung seiner territorialen Ansprüche führte das Kloster im 14. Jahrhundert mit den Nothaft einen Krieg um die Herrschaft Weißenstein, in dessen Verlauf die Dörfer am Teichlberg, darunter auch Altenwiesau, auf Dauer wüst wurden. Damit hatte diese Auseinandersetzung weitaus verheerendere Folgen als die Hussitenkriege oder der Dreißigjährige Krieg. Die Pfarrei St. Michael erstreckte sich früher bis zur Südostflanke des Steinwalds und den Südhang des Teichlsbergs, zählte also zu den flächenmäßig großen Pfarreien. Durch die Verödung der Orte am Teichlberg im 14. Jahrhundert und die Abtrennung der Pfarrei Fuchsmühl schrumpfte die Pfarrei auf ihre jetzige Größe.

Als Wahrzeichen von Wiesau gilt die Kreuzbergkirche. Sie hatte nie die Funktion einer Pfarrkirche, war aber in der Zeit vor der Reformation Ziel einer Wallfahrt. Während der Reformationszeit (1556 - 1626) ließ man die Kapelle verfallen. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde sie wieder aufgebaut.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Landwirtschaft die Haupterwerbsquelle. Seit über 600 Jahren wird als Sonderkultur in den Teichen Fischzucht betrieben. Nach der Säkularisation des Klosters Waldsassen begann man mit der Nutzung des auch schon in früheren Jahrhunderten bekannten Wiesauer Säuerlings, erst mit dem Versand des Wasser, später dann mit dem Ausbau zum Kurbad. 1836 erhielt es die Bezeichnung König-Otto-Bad. Mit der Eröffnung der Bahnlinie Weiden-Mitterteich im Jahre 1864 und dem Bau weiterer Strecken nach Marktredwitz und Tirschenreuth wurde Wiesau zum wichtigsten Bahnhof im Landkreis Tirschenreuth. Damit wurde der Anreiz geschaffen, anstehende Bodenschätze abzubauen und zu verarbeiten. Die Tonwarenfabriken (heute: Schornsteintechnik Schiedel), eine Porzellanfabrik (heute: Ofenkachelfabrik Hark) und das Basaltwerk ließen den Ortsteil Wiesau-Bahnhof entstehen. 1933 erhielt der aufstrebende Ort die Bezeichnung Markt. Am Ende des 2. Weltkriegs musste Wiesau viele Flüchtlinge aufnehmen. Das Barackenlager, zeitweise mit bis zu 1200 Personen belegt, bestand bis 1952. Eine große Zahl der Heimatvertriebenen blieb in Wiesau und fand in neu gegründeten Betrieben (Bekleidungswerke Kärner, Wiesauplast, Strumpffabrik Fritzsche) Arbeit. Auch einige Porzellanmanufakturen aus dem Egerland fanden nach dem Krieg hier ihre neue Heimat. Zu Beginn der fünfziger Jahre setzte eine rege Bautätigkeit ein, um dringend benötigte Wohnungen bereitzustellen.

Die Zahl der evangelischen Mitbürger war zu diesem Zeitpunkt auf etwa 600 angestiegen. 1953/54 wurde deshalb der schon vor dem Krieg geplante Bau der evangelischen Auferstehungskirche in die Tat umgesetzt.

Wegen des Bevölkerungszuwachses war bereits 1935 die Erweiterung der katholischen Pfarrkirche St. Michael notwendig geworden. Dieses Gotteshaus war 1663 an der Stelle ihrer Vorgängerkirche erbaut und 1754/55 durch Pfarrer Tröster erweitert worden.

Mit der wirtschaftlichen Entwicklung, der Bautätigkeit und mit dem Anstieg der Einwohnerzahl wurde auch die Infrastruktur der Gemeinde ausgebaut. Etwa ab der Jahrhundertwende wurden die Grundlagen für die heutigen Strukturen gelegt. So begann man 1904 mit der Einrichtung einer zentralen Wasserversorgung. Etwa um 1933 ging man daran, planmäßig eine Kanalisation anzulegen. Der Ausbau der Abwasseranlage gipfelte im erstmaligen Bau einer zentralen Sammelkläranlage im Jahr 1963 (heute: Sammelkläranlage, erbaut 1991). Noch vor dem 2. Weltkrieg wurden wichtige Ortsstraßen (z. B. Bahnhofstraße ab 1927) angelegt. Aber erst nach 1950 erhielten die innerörtlichen Straßen Asphaltdecken bzw. Pflasterungen. Als bedeutendstes und für die Entwicklung für Wiesau wichtiges Ereignis im überörtlichen Straßenbau der neueren Zeit ist der Bau der Autobahn A93 mit Eröffnung der Anschlussstelle Wiesau im Jahre 1990 zu erwähnen. Auch der Bau der Umgehungsstraße (1980) im Süden von Wiesau und der Bau der Brücke über das Bahngelände im Jahre 1995 mit Anbindung in Richtung Autobahn sind von Bedeutung. Konsequenz aus der Ortsentwicklung und Ortsgestaltung war die erstmalige Anlegung eines Marktplatzes als Ortsmittelpunkt im Jahr 1991. Bereits 1979 war hier das neue Rathaus errichtet worden.

In der schulischen Entwicklung waren die Schulhausbauten für die Volksschule 1912, 1952 und 1970 sowie die Eröffnung der Berufsschule für den Landkreis Tirschenreuth im Jahr 1962 besondere Ereignisse. Neben den Turnhallen in der Volksschule sind in der neueren Zeit für die Allgemeinheit das Sportzentrum (1978) und die Dreifachturnhalle bei der staatlichen Berufsschule (1989) gebaut worden.

Die Gebietsreform brachte 1978 den Zusammenschluss der Gemeinde Wiesau mit der Gemeinde Schönhaid und Teilen der Gemeinde Voitenthan. Gleichzeitig wurde die Verwaltungsgemeinschaft Wiesau, heute aus den beiden Gemeinden Wiesau und Falkenberg bestehend, gebildet. Die Gemeinde Wiesau erhielt flächenmäßig (42,65 qkm) fast wieder denselben Umfang wie das alte Gericht Wiesau. Die Einwohnerzahl stieg von ca. 1300 um 1871 auf 4.857 im Jahre 1998.

Das Wappen, ein in Silber aufgerichteter, golden bewehrter roter Drache, der in den Pranken ein silbernes Schildchen hält, darin ein blauer Balken wurde Wiesau im Jahre 1933 verliehen. Das Gemeindewappen weist auf die Landgrafen von Leuchtenberg und das Kloster Waldsassen, die früheren Grundherren, hin.

Verfasser: Busl/Steinberger/30.06.1998